Sanierung Tüffenwies (Inventar Denkmalschutz)
Zürich
- Arquitectos
- SLIK Architekten
- Localização
- Zürich
- Ano
- 2019
- Equipa
- Ramias Steinemann, Christof Heimberg, Nathalie Egli
Die Überbauung Grünau (1975-76) in Altstetten ist eines der wenigen realisierten Grossprojekte seiner Zeit in Zürich. Nach dem modernistischen Vorbild von Le Lignon in Genf wurden mehrfach abgewinkelte Wohnkörper zu einem druchgängigen Grünraum gestellt. In diesem stadtnahen Trabanten sollte die Stadtflucht der Achtzigerjahre aufgefangen werden, eine moderne Oase, nahe am Erholungsgebiet Werdinsel, mit direkter Autobahnanbindung. Bezahlbare, aber hochwertige Wohnungen mit Pfiff waren gesucht. Realisiert wurde das ambitionierte Projekt im Auftrag der Stadt Zürich.
Heute präsentiert sich eine umgekehrte Welt:
Die Siedlung ist in die Jahre gekommen, die Bausubstanz bröckelt und die grosszügigen Freiflächen werden kaum benutzt. Die soziale Entmischung der Bewohner wirft Fragen auf; so wird die Siedlung Grünau zunehmend von jenen genutzt, zu ebendiesen bei der Errichtung Distanz gesucht wurde.
Die Chance der Wirtschaftlichkeit
Mit dem Übergang zweier Häuser, Tüffenwies 31&33, an die ‘Baugenossenschaft Frohes Wohnen Zürich’ eröffnete sich die Möglichkeit, dieser Teil aus dem denkmalpflegerischen Inventar zu erneuern. Dabei galt ein besonderes Augenmerk der Struktur der Häuser, welche über die gesamte Anlage mit den gleichen Prinzipen angelegt wurde: Offene Erdegeschosse, gemeinschaftliche Dachterrassen, vielseitige Erschliessungsformen, kompakte Wohnungen, vorfabrizierte Betonelemente.
Es wurden unterschiedliche Szenarien ausgearbeitet, auf ihre Wirksamkeit und deren Kostenverhältnis geprüft. Auf diese Weise hat man eine umfassende Sanierung der gesamten Gebäudehülle als Konzept aufgegeben. Die vier Zentimeter Korkdämmung der bestehenden Fassadenelemente hätten dabei auf der Innenseite nachgebessert werden müssen, bauphysikalisch sind damit die fixen Anschlüsse der Betonfertigteile an die Decken kaum in den Griff zu kriegen. Dazu hätten die Bewohner das Haus während der Bauzeit verlassen müssen. Der Nutzen des massiven Eingriffes stand in keinem Verhältnis zu seinen Kosten.
Das gewählte Massnahmenpaket sieht eine Auswahl zielgerichteter und effektiver Eingriffe vor:
Eine Strangsanierung mit neuen Küchen, Bädern und dem Entfernen der asbesthaltigen Materialien stellt die Gebrauchstauglichkeit für die Bewohner wieder her:
Terrassen und der EG-Decke wurden energetisch instandgesetzt. Damit kommt die Energieeffizienz der Anlage gemäss GEAK neu in Kategorie C zu liegen. Im Erdgeschoss sind die Massnahmen am deutlichsten sichtbar: 28 nachträglich eingebaute Stahlstützen wurden für den Brandschutz einbetoniert, die dazugehörigen Flügelmäuerchen entfernt, um dem Erdgeschoss seine ursprüngliche Grosszügigkeit zurückzugeben. Auf der Basis einer ‚archäologischen‘ Farbuntersuchung wurde das originale Farbkonzept nach sechs bunten Schichten rekonstruiert, an die heutigen Bedürfnisse angepasst und durchgänig umgesetzt. Die Abhangdecke über dem Erdgeschoss konnte von nachträglichen Aufdopplungen gelöst werden, ihr neuer Randabschluss spielt nun auf eine subtile Weise die Lesbarkeit der Unterzüge an der Fassade wieder frei. Ein Lichtkonzept verbessert die Ankunftssituation der Bewohner am Abend, dunkle Ecken mit beschränkter Einsicht verschwinden. Die Fassaden wurden legidlich gereinigt, trotzdem präsentiert sich die Überbauung insgesamt in einem neuen Licht.
Das Bestreben der Baugenossenschaft die Mieten niedrig zu halten hat hier zu einer gemässigten Eingriffstiefe geführt, welche die Gestaltung aus den Siebzigerjahren unterstützend auffrischt. Die Grünau ist heute erneut eine valable Option für ein breites Zielpublikum, mit positiven Folgen für die Wahrnehmung des Ortes. Im Sinne der Denkmalpflege wurde dieses behutsame Vorgehen umfänglich unterstützt.
Was offen bleibt, ist das Schicksal der Siedlung?
„Vielleicht hätte ich damals im Architekturgremium vermehrt für eine zukunftsorientierte, mutige Lösung kämpfen sollen, für ein kompaktes, urbanes Quartier mit Post, Läden und Restaurant im Zentrum, nicht am Rand.“ *1). Der raumplanerische Druck könnte die nötigen Steine in Bewegung setzten, um aus der ruhigen Schlafoase endgültig ein lebediges Quartier zu gestalten.
*1) Robert Schmid, Architekt Tüffenwies 31&33, Tagesanzeiger, Artikel: ‘Ich hätte mutiger bauen sollen’, Datum unbekannt
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