Addieren statt Demolieren
Back to Projects list- Location
- Klosterneuburg, Austria
- Year
- 2019
- Team
- Dimitar Gamizov, Christian Kircher, Olya Sendetska, Philipp Buxbaum
Das Alte retten, um dem Neuen Platz zu machen
Haus B. ist ein Beispiel dafür, wie der unbändige Wille einer Familie, das alte Haus nicht abzureißen, die neue Architektur auf das Positivste inspiriert hat. Addieren statt Demolieren ist durch den vehementen Wunsch nach Erhalt zum Entwurfsmantra geworden.
“Die Summe der Teile addiert sich nicht zu bloßer Balance, sondern schafft insgesamt ein kraftvolles Zentrum, wo man sich wohlfühlt, ja zu Haus fühlt!” sagt Dimitar Gamizov von smartvoll Architekten
Konzept
Eine sechsköpfige Familie möchte unbedingt ein altes Haus auf einem Grundstück in Klosterneuburg erhalten - eine zu kleine, aber bezaubernde Ruine. Das Programm ist gewaltig und um das alte Häuschen optisch nicht zu zerquetschen, machen wir aus einem Zubau drei: den Kinderturm, das Wohnzimmer und den Essbereich, der alt und neu verbindet und in dem die Familie wie um ein Lagerfeuer zusammenkommt. Die drei neuen Volumen sind dabei so um- und gegen das alte Häuschen verschoben, dass drei ganz unterschiedliche Innen- und Außenräume entstehen. Wir lieben es einfach, einzelnen Räumen radikal unterschiedliche Qualitäten zu geben: Das Wohnzimmer blickt gerade aus in die Weinberge, der Kinderturm überblickt das Tal und eine kleine Frühstücksterrasse sagt Hallo zu den Nachbarn im Südosten. All das kann man in wenigen Minuten in diesem Häusercluster entdecken und trotz der unterschiedlich ausgebildeten räumlichen Bereiche hat man immer das Gefühl, durch ein großes Ganzes zu flanieren. Zu den Innenräumen werden ebenso diversifizierte Außenräume zugeschalten: Frühstückt ein Teil der Familie noch auf der Südterrasse, ist parallel schon der Kindergeburtstag im Westgarten voll im Gang und zwischen dem renovierten alten Häuschen und dem Wohnzimmer chillen 3 Väter bei einem weißen Spritzer!
Erste Orientierung
Das Grundstück betritt man gleich über einen der drei Außenbereiche. Von hier, kann man über wenige Stufen das sanierte Bestandsgebäude betreten oder einen Blick in den zentralen und durchlässigen Essbereich werfen - das Herzstück des Gebäudes. Von diesem blickt man sowohl auf die Südterrasse, als auch in den Garten vor den Weinbergen – es ist also ein Zentralraum, ein Verbindungsglied zu unterschiedlich gefassten Bereichen des Gartens - ein bisschen fühlt es sich so an, als wäre man mittendrin im Grün.
Auch intern verbindet das Esszimmer als Zentrum des Häuserclusters sämtliche Bereiche miteinander: im Westen das Wohnzimmer, nörd-östlich den zweigeschossigen Kinderturm mit 4 Kinderzimmern und im Süden den Bestandsbau mit der Küche im Erdgeschoß und dem Elternschlafzimmer im Obergeschoß.
Der Garten ist keine große leere Fläche, sondern wird durch das verbindende und offene Volumen des Kernraumes beides: ein großes Ganzes und kleine gut fassbare und überschaubare Teilbereiche, jeder mit eigenem Charakter. Wir finden, viel Buntes ist reicher als wenig gleiches. Der Garten ist wichtig - denn Freiraum ist wichtig!
Das Alte retten, um das Neue zu ermöglichen
Den Wunsch der Bauherren, das Bestandshäuschen um jeden Preis zu erhalten, haben wir sehr ernst genommen. Bestandsgebäude sind atmosphärische Quellen, die jeden blanken Neubau durch ihre Geschichte, Patina und Charme aufwerten. Fingerspitzengefühl, Acht- und Behutsamkeit braucht man hier sicher im Umgang mit den Volumen. Ein kleines Bestandshäuschen lässt sich gerne von neuen großvolumigen Bauteilen erdrücken. Das ist sicher auch ein Grund, warum wir uns entschieden haben, das neue Raumprogramm in drei neuen Baukörpern unterzubringen. Diese formen ein Passepartout, der das Alte vielmehr präsentiert und feiert, als es untergehen lässt – die solitärhafte Wirkung des Bestandes wird durch die Zubauten nicht beschädigt, sondern verstärkt.
Auch funktional wollten wir den Bestand nicht entwerten. Die Küche – das Gravitationszentrum eines jeden Einfamilienhauses – ist im Altbestand in direkter Nähe zum Esszimmer untergebracht. Familienfrequenz soll aus dem Alten nicht abgezogen werden, sondern dazu beitragen, dass es zu einem lebhaften Austausch zwischen Alt und Neu kommt und genau so sind die Funktionen auch angeordnet: man pendelt permanent zwischen Bestand und Neubau hin- und her. So können wir den Bewohnern den spannungsgeladenen Wechsel zwischen charmant gealterter und neu gestalteter Architektur oft und stetig zu Gute kommen lassen.
“Die präzise Setzung der Verbindungen von Innen- und Außenraum, die subtile Abstimmung von großzügigen Ausblicken und begrenzten Einblicken, lässt sich am gesamten Projekt gut erkennen.”, sagt Christian Kircher von smartvoll Architekten.