Mehr als eine Schule
Mehr als eine Schule
25. oktober 2007
Mit langem Atem und viel Innovationssinn bauten die Architekten Franz Sam und Irene Ott-Reinisch den komplexen Schulbestand in Waidhofen an der Ybbs zum multifunktionalen Schulzentrum aus und um. Der Altbau wurde unterfangen, im felsigen Grund daneben fand der große, neue Turnsaal Platz. Ihm dient der reduzierte, weiße Neubau des Polytechnikums als stützenfreies Überlager. Die alte Schule wurde bei laufendem Betrieb reorganisiert, als barrierefreier Zugang und lichtspendender Verteiler für beide fungiert das neue, gläserne Foyer. Die Musikschüler werden bald im holzverkleideten Klangbaukörper über der gläsernen Mensa bei optimaler Akustik glänzen können.
Bilder: Hertha Hurnaus
Sisyphosarbeit am belebten Objekt
Ein markanter, mittelalterlicher Stadtturm bezeichnet den Beginn von Waidhofen an der Ybbs, dicht schmiegen sich die meterdicken Mauern der alten Häuser zu engen, verwinkelten Gassen. Platz ist seit jeher Mangelware in dieser Stadt am Fluss, dafür ist die Qualität der gewachsenen Straßen und öffentlichen Räume mit ihren prägenden Kirchtürmen umso höher und das Bewusstsein um sie stark ausgeprägt. Waidhofen hat ein reiches baugeschichtliches Erbe, eine ambitionierte architektonische Gegenwart und eine über Generationen gewachsene musikalische Tradition. Wie im Brennglas verdichtet trafen all diese Faktoren auf dem beengten Bauplatz der Volksschule maßgeblich aufeinander, die um ein Polytechnikum und einen großen, gemeinsamen Turnsaal erweitert werden sollte. Im Jahr 2000 gab es dazu einen geladenen Wettbewerb, den die Architekten Franz Sam und Irene Ott-Reinisch gewannen.
Baubeginn war 2005, in der Zwischenzeit wuchsen die Begehrlichkeiten der Nutzer auf insgesamt sieben Schultypen mit diversen Nebenräumen an. Mit viel Taktgefühl stülpt sich nun der holzverkleidete, raffiniert zugeschnittene Musikschulzubau über die Tragstruktur des alten Saales. Seine unorthodox vor-und rückspringenden Kanten verdanken sich den Belichtungswinkeln der gegenüberliegenden Häuser, feinsensorisch lotet der Klangbaukörper die Grenzen der Baufluchtlinie aus. Wie ein avantgardistischer Instrumentenkasten ragt er nun über die neue, gläserne Mensa.
Maximal bespielt
Seit jeher war der winkelförmige Bestandsbau aus dem Jahr 1965 mehr als nur eine Volksschule: die südwestliche Grundgrenze verläuft an der Bundesstraße 31, hier lag der Zugang zum sonderpädagogischen Zentrum im nordwestlichen Klassentrakt, daneben war noch ein Stück Wiese frei. Der prominente Eingang der Volksschule aber liegt stadtseitig um ein Niveau tiefer an der Plenkerstrasse. Ihr Speise/Tanzsaal und die große Pausenhalle mit Garderobe, Küche und Buffet waren bereits auf die Mitnutzung durch den angrenzenden Stadtsaal ausgelegt, der in den 70er Jahren dazu kam. Auf seiner Hinterbühne wurde geturnt, nachmittags mutierte jeder freie Raum zum klingenden Musikzimmer. „In dieser Stadt gibt es keine Peripherie, die bebaut werden kann. Hier ist alles maximal genutzt und verdichtet," stellt Franz Sam pragmatisch fest. „Die Schlüsselfrage war, die diversen Nutzungen auf dem beengten Bauplatz unterzubringen", ergänzt Irene Ott-Reinisch. „Wir planten jedes Detail mit Akribie durch. Es war eine herzchirurgische Daueroperation bei laufendem Schulbetrieb." (...)
Isabella Marboe
Den vollständigen Beitrag und weitere Bilder finden Sie in architektur.aktuell, Ausgabe 10.2007
Schulzentrum in Waidhofen an der Ybbs
Waidhofen/Ybbs/Österreich
Pocksteinerstraße 27a
Bauherr
Stadt Waidhofen/Ybbs
Magistrat Waidhofen/Ybbs
Planung
Franz Sam / Irene Ott-Reinisch
Projektleitung
Irene Ott-Reinisch
Mitarbeiter
Siegrun Häusler
Andreas Laimer
Nik Stützl
Daniela Schmied
Verena Bollmann
Karin Sam
Irina Bussurina
Gregor Holzinger
Simone Ammesdörfer
Statik
Arge Dr. Schneider & Retter + Partner
Krems
Baufirma
Ing. Leopold Leitzinger GesmbH
Michelhausen
Fassaden/Neubau
Hofmann Gebäudedämmung GmbH
Haslach
Fassaden/Altbau
Sareno
Ulrichsberg
Fassaden/Musikschule
FunderMax Max Exterior
Pasteiner, St. Pölten
Dach
Dachbau
Piesendorf
Mauerwerk
Leitzinger
Michelhausen
Lichtplanung/-ausstattung
Zumtobel
Siteco
Grundstücksfläche
3.288 m2
Nutzfläche
7.245 m2
Bebaute Fläche
2.275 m2
Umbauter Raum
21.360 m3
Planungsbeginn/Wettbewerb
2000
Projektstart
1/2004
Fertigstellung
12/2007
Baukosten
9,62 Mio EUR
Kosten pro m2
1.328,- EUR
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