Auf den Tischen im Büro des de Sede-Designteams stehen neben Rechnern und Skizzenrollen viele grosse und kleine Modelle verschiedener Möbel, an den Wänden hängen Pläne, Visualisierungen und Zeichnungen. Im Raum nebenan werden Mockups von Entwürfen angefertigt, die schon weiter gediehen sind. Als Architekt wirkt das Setting, in dem ich Andrew Bryan treffe, auf mich sofort angenehm vertraut. Als wir auf die Sonderlösungen zu sprechen kommen, die er und das de Sede-Team entwickeln und umsetzen, beginnen seine Augen zu leuchten. Was reizt den Designer so sehr an dieser Aufgabe, möchte ich wissen. «Der Spassfaktor ist extrem hoch, denn der Gestaltungsspielraum ist meist sehr gross und die Menschen, mit denen man zu tun hat, sind spannend», meint er und schiebt seinen Kaffee beiseite, um mir Skizzen der Möblierung einer Yacht zu zeigen. «Der Designprozess verläuft anders als sonst: Es sind weniger Leute beteiligt, teils nur eine Handvoll Personen, du musst einzig den Auftraggeber überzeugen. Während sich dein Erfolg bei Serienprodukten unter anderem an Verkaufszahlen bemisst, erhältst du bei Sonderanfertigungen sehr direktes Feedback. Oft entwickelt sich eine enge, freundschaftlich Beziehung zur Kundschaft.» Und die Aufgaben, die den Designer*innen gestellt werden, sind überaus vielfältig, möchte man ergänzen: de Sede entwickelt Sonderanfertigungen für Büros, Lounges, Banken, Kinos, aber beispielsweise eben auch für Luxusyachten. Das heisst, Stücke werden extra gestaltet – die Anpassung der Abmessungen von in Serie hergestellten Möbeln begreift man in Klingnau noch nicht als Sonderlösung, sondern als selbstverständlichen Service.
«Wir haben zum Beispiel einen Kunden aus New York, der in den Niederlanden Schiffe bauen lässt», erzählt Bryan und blickt auf die Skizzen vor sich, «wir gestalten die Möblierung der Sonnendecks.» Das ist in jeglicher Hinsicht eine Herausforderung, denn das Leder muss extrem widerstandsfähig sein – weder gleissendes Sonnenlicht noch Salzwasser dürfen ihm etwas anhaben. Auch für die Polsterung braucht es spezielle Materialien, würde sich gewöhnlicher Schaumstoff doch rasch mit Wasser vollsaugen. «Gerade bei solchen Projekten ist extrem wichtig, dass Designer*innen, Techniker*innen und Entwickler*innen eng zusammenarbeiten», sagt Bryan. Hier kann die Manufaktur ihre Stärken besonders gut ausspielen.
Ob de Sede auch Sonderlösungen gemeinsam mit Architekt*innen entwickelt, möchte ich wissen. Bryan lacht: «Wir arbeiten gerade an einem Heimkino für ein grossartiges Haus im Wallis, das einem erfolgreichen Banker gehört. Bei dem Projekt sind gleich drei Architekten mit von der Partie.» Tatsächlich zeigt dieses Beispiel besonders deutlich, wie viel Energie und Leidenschaft de Sede in die Entwicklung solcher Projekte steckt. Ausgehend von bereits vorhandenen Möbeln wurde zunächst skizziert und im Massstab 1:10 modelliert, ehe die ersten Mockups entstanden. Schliesslich baute de Sede mehrere Prototypen, die an ihrem Bestimmungsort getestet und mit Bauherr und Architekten diskutiert wurden – ein aufwendiger, doch lohnender Prozess: Nicht nur, dass die Möbel aus architektonischer und ästhetischer Sicht perfektioniert wurden, auch ergonomische und funktionale Anpassungen wie Kopfstützen oder ein mechanischer Sitzauszug wurden vorgenommen. «Der Kunde bringt unserer Arbeit grosses Interesse entgegen», freut sich Bryan, «ich denke, er sieht das Projekt als eine Art Weiterbildung an, technisch wie ästhetisch. Er möchte sämtliche Details erklärt bekommen und schliesslich auch in allen Belangen mitentschieden haben.»
Die de Sede-Designer*innen verstehen es, ihre Kundschaft nicht nur mit kreativen Lösungen zu überraschen, sondern auch menschlich auf sie einzugehen: «Die Wertschätzung ist immer wieder sehr gross», sagt Bryan stolz, «oft bekommen wir nach Jahren noch regelmässig positive Resonanz.» Und so freut er sich bereits auf die nächste besondere Mission.