Möbel folgen mit ihrer Gestaltung oft kurzweiligen Trends und verlieren ihre Aktualität entsprechend schnell wieder. Was heute noch hipp und gefragt ist, spricht schon morgen nur noch wenige an, wird aussortiert und durch neue Designs ersetzt. de Sede ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, immer wieder Möbel zu produzieren, die diesen Kreislauf durchbrechen und sich auch nach vielen Jahren noch grosser Beliebtheit erfreuen. Das de Sede-Designteam wählt regelmässig solche Dauerbrenner aus, um sie sanft zu aktualisieren und einer neuen Interpretation zu unterziehen. Dabei werden zum Beispiel neue Farben angeboten, die Formen und Proportionen an heutige Anforderungen angepasst und bisweilen auch Füsse oder Untergestelle geändert, so etwa beim «DS-31». Das ist nötig, weil heute zum Beispiel andere Sitzhöhen nachgefragt werden als noch in den 1970er-Jahren. Manche Skulpturen werden ferner auch in neuen Materialien angeboten. Natürlich übernommen werden indes die aufwendigen Handnähte und die hohe Verarbeitungsqualität. Solche Neuauflagen sind ganz besondere Botschafter für die handwerkliche und gestalterische Tradition der Manufaktur.
Doch was geschieht bei einer solchen Überarbeitung genau? Ein gutes Beispiel dafür ist das Erfolgsmodell «DS-51». Der elegante Sessel, der wesentlich zu de Sedes Renommee beitrug, erschien nach einem Re-Design in neuen, zeitgemässen Farben mit überarbeiteten Armlehnen, wobei auch eine Variante ganz ohne Armlehnen entwickelt wurde. Die charakteristische Gestaltung blieb von diesen Anpassungen unberührt: Noch immer zeichnet sich der Drehsessel durch eine aus einem einzigen Lederstück gefertigte Sitz- und Rückenflächen aus, die von Hand mit Nadel und Faden abgeheftet wird. Obwohl der Entwurf der Skulptur aus den 1970er-Jahren stammt, hat sie nichts von ihrer Strahlkraft verloren. Noch immer steht sie prototypisch für de Sedes grosse Stärken: die Bewahrung traditionellen Handwerks, einen hohen Qualitätsanspruch und das Streben der Designer*innen nach zeitlosen Gestaltungen, die kurzweilige Trend ungerührt überdauern.
Weiterhin bemerkenswert ist auch die Anpassung des «DS-55» und seines optionalen Hockers, die das de Sede-Designteam in diesem Jahr ausgearbeitet hat. Bei diesem Klassiker sind nicht nur neue Farben verfügbar, sondern die Füsse wurden umgestaltet und überhaupt die ganze Form des Möbels in eine aktuelle Sprache übersetzt – ohne dass dabei der Charakter der Skulptur verloren gegangen wäre oder die Traditionslinien verwischt worden wären: Zwar sind die neuen Linien etwas schwungvoller ausgefallen und die Proportionen tragen veränderten ergonomischen Anforderungen Rechnung, doch die enge Verwandtschaft zum ursprünglichen «DS-55» bleibt unverkennbar.
Die Neuauflagen zeigen den sympathisch-anachronistischen Anspruch von de Sede, zeitlose und qualitätsvolle Objekte zu schaffen, die über sehr lange Zeiträume genutzt werden können. Das ist ein Lichtblick in einer Zeit, da die meisten Produkte darauf abgestimmt scheinen, möglichst bald ersetzt zu werden, und Dauerhaftigkeit und Beständigkeit offensichtlich leider viel zu selten als Werte verstanden werden. de Sede widersetzt sich mit seinen Skulpturen Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit.