Im Gegenteil, argumentiert die Firma JUNG. Smarte Technik bringe Nutzer*innen Freiheit, indem sie ihre Wünsche antizipiert und auf Komfort setzt.
Gegründet im Jahr 1912, ist das Familienunternehmen seit drei Generationen ein führender Hersteller von Elektrotechnik in Deutschland. Mit dem Motto „Fortschritt als Tradition“ setzt die Firma seit jeher auf den Einsatz innovativer Technik sowie intuitive Bedienung: Der Mensch wird durch sanfte Anreize in die Gebäudeklimaplanung integriert. Mit den „smarten“ Produkten, die zu über 90% in Deutschland hergestellt werden, möchte man Nutzungsfehlverhalten minimieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende im Gebäudesektor leisten.
Dies soll unter anderem durch den von JUNG mitentwickelten und weltweit gültigen KNX-Standard geschehen, der eine einheitliche Vernetzung aller intelligenten Komponenten in einem Gebäude ermöglicht. JUNG präsentiert die Möglichkeiten der Technik in dem neu gestalteten Showroom ihrer Niederlassung in Vilnius. Mit KNX können alle Funktionen eines Raums, darunter Licht, Belüftung, Verschattung, Temperatur und Multimedia, zentral vernetzt und gesteuert werden. Im Zusammenspiel ergibt sich daraus „eine optimale Nutzung der Ressourcen“.
Entsteht hier eine gestalterische Kraft, die sich dem Einfluss der Architekt*innen entzieht? Rücken sie durch diese Entwicklung stärker in den Hintergrund?
Das Unternehmen ist in dieser Hinsicht klar positioniert: Es lehnt die „Entweder-oder“-Philosophie ab und setzt auf Zusammenarbeit und Integration. Tatsächlich sollen die technischen Lösungen, so JUNG, von Beginn an mitbedacht werden, denn um nachhaltig bauen zu können, ist ein integraler Architekturplan vonnöten. Einer, der neben Design und Funktion die Aspekte der Technik bereits in der Planungsphase mitberücksichtigt und nicht nachträglich in den Entwurf eingliedert.
Diese Verschmelzung von Architektur und moderner Gebäudetechnik war für O&O Baukunst beim Entwurf des Internationalen Service-Centers für das Schmuckunternehmen beeline GmbH ein zentraler Gedanke. Das deutsch-österreichische Architekturbüro hatte sich in einem Wettbewerb in Köln gegen sechs Mitbewerber durchgesetzt und den Auftrag von Beeline real estate erhalten. Das Projekt sollte im rechtsrheinischen Köln-Deutz als europäisches Hauptquartier der Firma gebaut werden, wurde aber nach abgeschlossenem Genehmigungsverfahren nicht realisiert. So bleibt das Projekt ein intelligenter Prototyp, der bereits im Entwurfsansatz smarte Industriearchitektur beinhaltet: Der ca. 170 Meter lange, 50 Meter breite Komplex beruht komplett auf einer technischen Vernetzung – vom kleinsten Element des Schmuckstückes über die vollautomatisierte Lagerlogistik, die Bänder der Kommissionierungsanlage bis hin zur kreativen Produktion in den oberen Stockwerken. Ein Beispiel dafür, wie Architektur und Gebäudetechnik im digitalen Zeitalter eine Symbiose formen können.
Der Trend zur immer stärkeren Digitalisierung und Vernetzung hält also auch in der Architektur Einzug, die Anforderungen an Stadtplaner*innen und uns Architekt*innen verändern sich laufend. Um in der Architektur mit der schnellen Weiterentwicklung der Technik mithalten zu können, ist ein integrativer Ansatz notwendig. Denn: Halten wir weiterhin an tradierten Architekturvorstellungen fest, werden wir die Herausforderungen der Klimakrise im Gebäudesektor nicht meistern können. Intelligente Gebäude mit vernetzten Steuerelementen haben großes Potenzial, Energienutzung effizienter zu gestalten, und nur eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerke schafft eine Basis für das „smarte“ Bauen der Zukunft.