Bereits 1913, als die GAG Immobilien*, heute die größte Wohnungsanbieterin in Köln, gegründet wurde, stand das städtische Unternehmen vor einer ähnlichen Aufgabe: einen reibungslosen Übergang von engen, mittelalterlichen Wohnräumen der Stadt zum erschwinglichen Konzept einer Gartenstadt-Siedlung mit Grünflächen zu ermöglichen. Auch heute, über ein Jahrhundert später und unter anderen Bedingungen, sehnen sich Menschen in allen Lebenssituationen und Wohnformen nach mehr Freiraum. Die Bedürfnisse der Bürger*innen und der Stadt zu verbinden, war und ist die große demokratische Herausforderung der GAG.
Zusammen beleuchten der Architektund Stadtplaner Christian Heuchel von O&O Baukunst und die Vorständin der GAG Immobilien AG Kathrin Möller in der zweiten Folge des Podcasts TOWN PLANNING IN DEMOCRATIC STRUCTURES das Thema Wohnen in Köln aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit rund 1.000 neu gebauten und modernisierten Wohnungen pro Jahr ist das Ziel der GAG klar definiert: „Jede Kölnerin und jeder Kölner soll ein adäquates Wohnangebot finden.“ Mit einem wesentlichen Aspekt als Voraussetzung: Die Neu-und Umbauten sollen sich organisch in das Stadtbild einfügen.
Die besondere Charakteristik des heutigen Lebens in Köln ist seinen Veedeln (Stadtviertel) zu verdanken – die dörfliche Gemütlichkeit in kleineren Einheiten sowie das Zusammenleben in Gemeinschaften verleihenden Anwohner*innen Stabilität. Dieses Gefühl von Zugehörigkeit will man auch mit dem Pilotprojekt für das Stadtquartier Parkstadt Süd, einem neu entstehenden urbanen Viertel, aufgreifen und in neue Wohnprojekte integrieren.
An der Sechtemer Straße soll bis 2025 ein Gebäude entstehen. Ein 15-geschossiges Turmhaus, begleitet von einer Randbebauung mit fünf-, sechs- und achtgeschossigen Häusern, wird von O&O Baukunst für die GAG realisiert. Ein zentrales Thema des Projekts ist es, die Vielfalt der Menschen in der Stadt – die moderne „Kölsche Familie“ – zu repräsentieren. Das Konzept „das Haus als Stadt“ soll aufzeigen, wie das künftige urbane Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Lebensstilen in verschiedenen Wohnformen, darunter studentisches Wohnen, Wohngemeinschaften, Zwei-Personen-Haushalte, Single-Haushalte und Großfamilien, aussehen kann. Jedes Haus ist individuell ausgestaltet und wird in die „Farben Kölns“, inspiriert von antiken Öllampen aus der Domstadt, getaucht. Ein Weg, die Identität der Stadt zu betonen, und auch der Versuch, der sich immer mehr durchsetzenden uniformen, stark reglementierten Baukultur entgegenzuwirken.
Die Verdichtung des urbanen Raums wird bewusst angegangen, „die Seele Kölns“ soll geschützt bleiben, keine Funktion des öffentlichen Lebens darf eingeschränkt werden. Mit diesem sensiblen Ansatz, guter Anbindung und einem historischen Grüngürtel kann Köln in gewissen Lagen, so Möller, Höhe und Dichte gut vertragen.
Dabei darf klimagerechte Mobilität nicht in den Hintergrund rücken. Mit Förderung des Radverkehrs, erweitertem Fahrradparken und Ladestationen sollen die Quartiere von der Notwendigkeit des Autos befreit werden. Auch Animal-Aided Design und pflanzungsunterstütze Photovoltaik erlauben ein Stadtleben im Einklang mit der Natur.
Um eine solche Vielzahl an Bedürfnissen zu erfüllen und gleichzeitig die Identität der Stadt zu wahren, bedarf es bei jeder Entscheidung sowohl einer Miteinbeziehung der Bürger*innen als auch eines klaren politischen Handlungsrahmens. Ein Idealfall, so Kathrin Möller, den es noch zu erreichen gilt und der Mut seitens der Politik erfordert. „Eine planerische Leitplanke“, die für alle Beteiligte erarbeitet wurde, wäre ein Schritt in die richtige Richtung – und beispielhaft für Town Planning in Democratic Structures.