Der international tätige Leuchtenhersteller Selux mit Sitz in Berlin entwickelt seit fast 80 Jahren Lichtlösungen mit besonderem Augenmerk auf Nachhaltigkeit. Klaus-Peter Siemssen*, CEO des Unternehmens und Wirtschaftsingenieur, sieht Zeitlosigkeit als „die wirksamste Form der Nachhaltigkeit“ – es sollen Objekte geschaffen werden, die auch Jahrzehnte später dem ästhetischen, funktionalen und ökologischen Anspruch gerecht werden. Leuchten, die sich in Orte integrieren und eine Symbiose mit dem Raum eingehen. Dieser Qualität entsprechen auch die Lichtlösungen, die von Selux beim Humboldt Forum in Berlin oder im Vieux Port in Marseille eingesetzt werden – tagsüber im Stadtbild nehmen sie sich zurück, doch bei Dunkelheit zeigen sie ihre Vielseitigkeit. Für Selux dient die Natur, mit ihrer Perfektion, Intelligenz und Schönheit, als Inspirationsquelle. Denn Selux ist überzeugt: Natur und Urbanität sind keine Gegensätze. Die beste Form, Schönheit zu schaffen, ist, sie zu erhalten.
Durch den sensiblen Umgang mit Licht im Außenraum werden Orte von hoher Aufenthaltsqualität geschaffen: Bäume, Wege, Materialien, Fassaden, Kunst, Brücken und Plätze sind Projektionsflächen für das Licht der Stadt – ähnlich wie das Blühverhalten in der Natur. Die undifferenzierten Lichtteppiche sollen einer sensibel ausgeleuchteten Stadtlandschaft weichen. Dabei erlebt die Wirkung des Lichts in der Nacht einen signifikanten Bedeutungswandel: In den Bereichen des Stadtmarketings, der Aufwertung des Stadtbildes, des Stadtmobiliars, der Energiemaßnahmen und der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit stellt Licht ein Instrument dar, um räumliche Elemente zu betonen, strukturelle Zusammenhänge herauszuarbeiten und Stadtidentität zu prägen.
In Partnerschaft mit dem Kölner Architekturbüro O&O Baukunst denken Selux im Podcast TOWN PLANNING IN DEMOCRATIC STRUCTURES über Licht in Relation zum Stadtraum nach. Am Beispiel der Städtebauprojekte Heliosgelände und Parkstadt Süd in Köln wird diskutiert, wie das Licht die Stadt beeinflusst.
Vier Hektar groß, geschichtsträchtig und voller Potenzial: Die Zukunft des Heliosgeländes, dem ehemaligen Firmengelände der Helios AG in Köln-Ehrenfeld, ist einem demokratischen Prozess zu verdanken. Der Plan des Investors, auf dem Areal des früheren Lampenherstellers ein großes Einkaufszentrum zu errichten, wurde 2010 von den Anwohner*innen mit einer Bürgerinitiative kritisiert, die zwei Jahre später in ein Bürgerbeteiligungsverfahren mündete. Schließlich wurde das Leitbild „Belebtes Stadtquartier für alle“ für die zukünftige Nutzung des Geländes entwickelt – ein innovatives Wohn- und Kulturquartier, offen und zugänglich für alle.
Dieses wurde zur Grundlage für den städtebaulichen Wettbewerb, bei dem Ende 2013 der 2006 in Köln gegründete Standort des Architekturbüros O&O Baukunst (weitere Standorte sind in Berlin und Wien), geleitet von Christian Heuchel**, als Sieger hervorging. „Die neuen Bausteine sollen sich selbstbewusst zur historischen Rheinlandhalle und dem Heliosturm gesellen und Raum für Bildung, Kultur, Wohnen und Handel geben“, so Heuchel. Ein konzeptionell künstlerischer Ansatz, der nicht zufällig das Markenzeichen von O&O Baukunst ist. Mit Wurzeln in der Architekten- und Künstlergruppe Haus-Rucker-Co steht das 1987 gegründete Architektenbüro für Innovation mit historischem Erbe.
Mithilfe des Lichts, das auch in der historischen Entwicklung des Heliosgeländes eine zentrale Rolle spielte, wird diese bedachte Urbanität betont. Die geplante Ausleuchtung mit historischen Lampentürmen- und bäumen ist besonders atmosphärisch; die Möglichkeit, das Licht zu verändern, einzufärben, zu dimmen oder zu pointieren, bietet zahlreiche Instrumente für eine künstlerische Illumination. Der Leuchtturm, der früher von der Helios AG zu Testzwecken eingesetzt wurde, wirkt zunächst ungewöhnlich im Stadtbild von Ehrenfeld. Doch seine Signalkraft als Wegweiser wird zu einem Symbol der demokratischen Bewegung, die die Zukunft des Quartiers prägte. Ein von O&O Baukunst konzipierter und vom Künstler Mathias Köster bemalter Lichtraum auf dem Heliosplatz verleiht dieser starken Verbundenheit mit Licht zusätzlichen Ausdruck.
Ein weiteres Großprojekt wird gerade am südlichen Rand der Kölner Innenstadt entwickelt. Dort befindet sich das 115 Hektar große Gelände um den alten Großmarkt, das in den nächsten 15 Jahren zur Parkstadt Süd werden soll – einem urbanen Stadtviertel mit 3500 Wohnungen und Arbeitsplätzen für 4000 Menschen. Der Entwurf von O&O Baukunst und den Landschaftsarchitekten RMP Stephan Lenzen sieht ein Gebiet für Bürger*innen vor, in dem Wohnen, Arbeiten, soziale Infrastruktur und grüner Erholungsraum zu einer Einheit werden.
Der gezielte Einsatz von Licht soll, so O&O Baukunst, bei dem Entwicklungsprojekt helfen, Wohnräume wieder identitätsstiftend zu gestalten und Menschen Lebensqualität zu bieten. Lokale Verbundenheit soll mithilfe der „Farben Kölns“ gesichert werden – einer von O&O Baukunst und Künstlerin Kirsten Lampert entwickelten Farbpalette, inspiriert von antiken Öllampen aus der Domstadt. Die Platzräume werden in die unterschiedlichen Farbstimmungen getaucht, um vor allem bei Nacht prägnant und atmosphärisch zu wirken. Das gelblich-weiße Kaolin, das rötliche Schamott, der grüne Erdton und ein Grauton, der durch mit Kreide vermischten Ruß entstanden ist, soll den Faden der Stadtgeschichte weiterspinnen und die Wiedererkennbarkeit des Ortes gewährleisten. Die Gassenräume, Boulevards und Achsen hingegen werden in ein neutrales Licht getaucht. Auch bei der denkmalgeschützten Markthalle, dem Herz der Parkstadt Süd, wird besonderes Augenmerk auf die Illuminierung gelegt.
Ökologie ist dabei die Basis. Denn das Ziel des Projekts ist, bis 2035 ein Plus-Energie-Quartier zu werden. Hierfür wird ein Lichtmasterplan entwickelt, bei dem der Übergang der Stadt zum neuen öffentlichen Grüngürtel als Grundlage dient. Der Grünraum muss hinsichtlich der Natur beruhigter und gedimmter illuminiert werden, ohne dabei die Sicherheitsaspekte zu vernachlässigen.
Die gestalterische Kraft des Lichts, visuellen Komfort zu erzeugen und gleichzeitig die Einzigartigkeit von Architektur hervorzuheben, unterstreicht bei beiden Projekten die Identität des urbanen Raums. Dabei ist der ökologische Aspekt unabdingbar. Ein gutes Lichtkonzept sichert die Bewahrung der Identität, nimmt Rücksicht auf den historischen Kontext und existiert im Einklang mit der Natur – ohne dabei die Anforderungen der Nutzer*innen zu vernachlässigen. Sicherheit, mentales Wohlbefinden sowie ästhetischer Anspruch haben direkten Einfluss auf die Bürger*innen der Stadt, und Licht, als bewusst eingesetztes Werkzeug im Städtebau, ist somit ein zentraler Bestandteil der demokratischen Stadtentwicklung.