Unlängst hat das EU-Parlament beschlossen, ab 2035 den Verkauf von neuen Verbrennerfahrzeugen zu verbieten. Voraussichtlich ab 2050 sollen dann gar keine Personenwagen mehr mit einem herkömmlichen Antrieb wie Benzin, Diesel, Gas oder Hybrid auf den Strassen herumfahren dürfen. Zwar muss jedes einzelne Mitgliedsland über dieses Vorgehen entscheiden. Aber die Stossrichtung ist klar: Mit diesem Entscheid stellen die EU und in der Folge wohl auch die Schweiz die Weichen zugunsten der batterieelektrischen Mobilität. Damit geht es nun noch dringender darum, rechtzeitig genügend Lademöglichkeiten zur Verfügung zu stellen – auf privatem und auf öffentlichem Grund.
Denn die fehlende Ladeinfrastruktur ist weiterhin der grösste Hemmschuh für die flächendeckende Einführung der Elektromobilität auf dem gesamten europäischen Kontinent. Am Interesse der Autofahrer*innen an E-Fahrzeugen liegt es nicht, das ist da. Dies geht hervor aus dem «EV Readiness Index 2022» von LeasePlan, einem Leasing- und Fuhrparkmanagement-Anbieter. Dieser hat 22 europäische Länder hinsichtlich des Umstiegs auf die Elektromobilität analysiert. Entscheidend sind drei Punkte: Anzahl der Zulassungen von E-Fahrzeugen, Reifegrad der E-Infrastruktur und staatliche Anreize. Am besten schneidet Norwegen ab. Auf Platz 2 landen die Niederlande, auf Platz 3 Grossbritannien. Die Schweiz steht erst auf Platz 13 des EV Readiness Indexes, hat aber zum Beispiel beim Bewertungskriterium «Entwicklung der Ladeinfrastruktur» eine bessere Bewertung als Deutschland erhalten, das insgesamt den 8. Rang belegt. Es gibt also noch viel zu tun.
Gefordert sind nicht nur die Politiker*innen als gesetzgebende Instanz, die Autobauer- und -importeure sowie die Energieunternehmen, sondern auch die Architektur- und Baubranche. Ab sofort gehören die Elektromobilität und zeitgemässe Architektur untrennbar zusammen – als Erfolgsduo der Zukunft. Oder als Ying und Yang beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Nachhaltigkeit, gute Isolation und Kreislaufwirtschaft gehören schon seit geraumer Zeit zwingend zur Planung eines Neubaus oder zu einer energetischen oder einer totalen Sanierung. Nun muss auch noch die Elektromobilität respektive die Ladeinfrastruktur einen grösseren Stellenwert bekommen. Davon sind nicht nur die elektrischen Anschlüsse betroffen. Auch der Verwendung von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern oder an den Fassaden kommt eine entscheidende Rolle zu, damit genügend eigene grüne Energie produziert werden kann: einerseits für die technischen Anlagen der Gebäude und anderseits für das Aufladen der Elektroautos der Bewohner*innen.
Überschüssige Energie muss nicht unbedingt ins öffentliche Stromnetz geleitet werden. Vor allem nicht zwischen Oktober und Ostern, wenn die Sonne an Kraft verliert. Am wenigstens Strom produzieren Solaranlagen in den Monaten Dezember und Januar. Die Energie kann auch mit einem intelligenten Energiemanagement vor Ort in Batterien gespeichert und zum Beispiel für die Ladevorgänge der E-Fahrzeuge verwendet werden. Diese Batterien lassen sich sogar zunehmend aus Second-Life-Akkus von Elektroautos zusammenbauen, was das ganze System noch nachhaltiger und sinnvoller macht. Liegenschaften werden so zu kleinen Speicherkraftwerken, was sich wiederum auf das Planen und Bauen auswirkt. Denn sämtliche Energiesysteme kommunizieren ständig miteinander, um die jeweils optimale Versorgung aller Geräte mit Strom sicherzustellen, darunter auch das E-Auto. Das sogenannte «Smart Home» verlangt nach Digitalisierung und künstlicher Intelligenz. In Mehrfamilienhäusern kommen noch das Lastmanagement und die nutzergerechte Abrechnung der Stromkosten hinzu.
Weil Architektur und Energie sowieso schon eng miteinander verbunden sind, stellt sich bei Bauprojekten verstärkt die Frage, wie die Mobilität der Zukunft in die Nachhaltigkeitsplanung integriert wird. Mit einer Bedarfsanalyse kann abgeklärt werden, welchen Ansprüchen ein Gebäude zu genügen hat, wie viele Personen dort wohnen und wie hoch die Anzahl von Park- und Garagenplätzen ist. Mit Blick auf 2035 und 2050 ist es ratsam, perspektivisch sowie in Jahrzehnten zu planen und eine Ladeinfrastruktur zu bauen, die heute noch überdimensioniert erscheinen mag, aber den zukünftigen Bedürfnissen genügt. Eine hochwertige Ladeinfrastruktur, die nahtlos in die Gebäudeinstallation integriert ist, wirkt sich positiv auf die Vermarktung einer Immobilie aus. Zudem lassen sich teure Folgekosten vermeiden. Nicht zu vergessen ist, dass derartige Investitionen in die Elektromobilität die Werterhaltung einer Immobilie verbessern.
Installationen für die Elektrofahrzeuge wie Wallboxen und Energiemanagementsysteme sind nicht isoliert als Fremdkörper zu planen, sondern gehören von Anfang an ins energetische Konzept integriert. Woher soll der Strom kommen? Wie viel Strom wird heute und in Zukunft gebraucht? Soll eigener Strom produziert werden? Soll dieser für eine gewisse Autarkie gespeichert oder ins öffentliche Netz abgegeben werden? Diese und andere Fragen gilt es zu beantworten sowie eidgenössische, kantonale und regionale Fördermassnahmen abzuklären.
Für zu Hause reichen in der Regel Wallboxen mit einer Leistung bis zu 22 Kilowatt (kW), da man in der Nacht laden kann und deshalb Schnellladevorgänge nicht nötig sind. Dieses schonende Laden kommt auch der Batterie zugute, die so auf eine längere Lebensdauer kommen kann. Wenn mit 22 kW geladen wird, steigt die Reichweite pro Stunde um rund 110 Kilometer, mit 11 kW ist es ungefähr die Hälfte. Die Spezialisten der zur AMAG Gruppe gehörenden Firma Volton stehen hier gerne für eine Beratung zur Verfügung.
Wer ein Elektroauto besitzt und dieses zu Hause lädt, hat dadurch natürlich einen höheren privaten Stromverbrauch. Dazu ein Beispiel: Zusätzliche 1500 Kilowattstunden stehen jährlich auf dem Zähler, wenn man innerhalb von 12 Monaten 10000 Kilometer zurücklegt und das E-Fahrzeug durchschnittlich 15 Kilowattstunden Strom auf 100 Kilometer verbraucht. Das ist für die Dimensionierung der Stromleitung zur Liegenschaft zu berücksichtigen. Gerade bei älteren Gebäuden, die saniert werden, müssen diese Leitungen in den allermeisten Fällen grösser dimensioniert werden.